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Antworten Ingolstädter Politiker zur künftigen kommunalen Finanzpolitik

Antworten Ingolstädter Politiker zur künftigen kommunalen Finanzpolitik

(tt) Die "Frage der Woche" bei O-T(h)öne lautet:

"Wie wollen Sie die finanziellen Einnahmen der Stadt, bei einer schwächelnden Automobilindustrie, langfristig sichern? Wie weit darf sich Ingolstadt verschulden und wie setzen Sie Prioritäten bei den Ausgaben, wenn es finanziell für die Stadt eng wird?"

Patricia Klein (CSU-Fraktionsvorsitzende), Petra Kleine (Oberbürgermeisterkandidatin der GRÜNEN), Christian Scharpf (Oberbürgermeisterkandidat der SPD), Christian Lange (BGI), Hans Stachel (Freie Wähler), Jürgen Köhler (Oberbürgermeisterkandidat der UDI), Raimund Köstler (ÖDP), Jakob Schäuble (Oberbürgermeisterkandidat der FDP) und Christian Pauling (Oberbürgermeisterkandidat der LINKEN) wurden am 1. Dezember um eine Antwort gebeten.

Nachfolgend die bewusst ungekürzten und redaktionell nicht bearbeiteten Rückäußerungen, in der Reihenfolge des Eingangs der Beantwortung. O-T(h)öne bedankt sich für die Beantwortung des Fragenkomplexes bei allen politischen Akteuren, die mitgewirkt haben.

Hans Stachel, Oberbürgermeisterkandidat der Freien Wähler:

Ob und inwieweit es für die Stadt finanziell eng wird, das wird sich zeigen. Generell ist die Stadt finanziell gut aufgestellt. Wir halten gar nichts davon, jetzt in Panik zu verfallen, weil Audi Arbeitsplätze abbaut. Die Ertragslage des VW-Konzerns ist nach wie vor gut, so dass wir auch in Zukunft mit ausreichenden Einnahmen aus der Gewerbesteuer rechnen können. Aber ganz unabhängig davon treten wir Freien Wähler schon immer für eine nachhaltige Finanzpolitik ein. Im Einzelnen heißt das, Folgekosten im Blick zu haben, keine überzogenen Wohltaten zu verteilen, neue Schulden immer nur als letzte Möglichkeit in Betracht zu ziehen und sich einzuschränken, wenn der finanzielle Spielraum kleiner wird. Auch wenn wir keinen Anlass für panische Reaktionen sehen, bedeutet das nicht, dass wir nichts tun müssen. Wir müssen den Standort Ingolstadt breiter aufstellen, durch Förderung des Mittelstands und des Dienstleistungsbereichs, durch Unterstützung von Wissenschaft und Forschung. Dabei sind wir schon ein gutes Stück vorangekommen.

Schulden der öffentlichen Hand, also in diesem Fall der Stadt Ingolstadt, sind nicht gleich Schulden. Schulden für Pflichtaufgaben und Schulden für Investitionen in die Standortsicherung, also in die Zukunft, können notwendig sein, ebenso für langfristig strategisch sinnvolle Maßnahmen. Das könnte zum Beispiel der Rückkauf der Stadtwerke sein. Auch wenn sich durch vorübergehende Schulden eine Steigerung der Ertragskraft (Kostendeckung durch zukünftige Erträge) erreichen lässt, kann es sinnvoll sein, Geld zu leihen, wenn es sich dabei um keinen Dauerzustand handelt. Auch zur Aufrechterhaltung der Basis-Infrastruktur sind unter Umständen neue Schulden erforderlich. Soweit sind wir aber zum Glück noch lange nicht.

Schulden zu machen für Prestige-Projekte, letztlich für „Konsum und Völlerei“, dagegen werden wir uns immer wenden. Der viel strapazierte Begriff Nachhaltigkeit hat nicht nur Umweltgesichtspunkte, sondern auch ökonomische Kriterien – gerade dann, wenn wir zukünftigen Generationen Lasten aufbürden und ihnen dadurch den zukünftigen Handlungsspielraum einschränken.

Neue Kredite aufzunehmen, kann niemals die erste Lösung sein, Vorrang haben immer die Suche nach Einsparmöglichkeiten, der Versuch, neue Einnahmen zu generieren, die Notwendigkeit zu hinterfragen und auch ggf. sich in Verzicht zu üben. Verantwortungsloser Umgang mit Steuergeldern, wie z.B. bedingungslose Zustimmung zu Bauprojekten, nur weil man es unbedingt haben will (Kammerspiele) oder politisch motivierte und in Aussicht gestellte Förderung der Freibiermentalität (kostenloser ÖPNV) weckt falsche Hoffnungen und schürt bei Nichterfüllung Enttäuschung. Alles hat einen Preis – auch falsche Versprechungen. Irgendwer muss die Rechnung bezahlen…

Christian Lange, Oberbürgermeisterkandidat der Bürgergemeinschaft (BGI):

Wir haben im städtischen Haushalt verschiedene Steuereinnahmen. Da sich in den letzten Jahren insbesondere auch die Situation beim Anteil an der Einkommensteuer deutlich verbessert hat, bin ich der Ansicht, dass die Einnahmen insgesamt in den nächsten Jahren stabil bleiben werden. Wir sollten in den nächsten Jahren durch eine aktive Wirtschaftsförderungspolitik auch die Ansiedlung neuer Gewerbebetriebe anderer Branchen forcieren. Im Zuge einer weiteren Diversifikation der Gewerbestruktur in unserer Stadt bietet sich die Möglichkeit, den Anteil der Gewerbesteuer zu senken, der von der Automobilindustrie abhängig ist. Das sollte eines unserer Ziele sein.

Unser Ziel wird auch sein, Schulden nur dann zu machen, wenn sie Kapital für Investitionen in die Zukunft bereitstellen. Die momentane Haushaltssituation und die mittelfristige Prognose macht es aus meiner Sicht ab sofort notwendig, bestimmte Investitionen (wie zum Beispiel den Bau neuer Straßen) kritisch zu hinterfragen. Investitionen in Schulen, Kindertageseinrichtungen und soziale Einrichtungen werde ich nicht in Frage stellen. Für solche Investitionen müssen wir notfalls auf den Bau von Straßen verzichten oder eben in einigen Jahren eventuell auch wieder Schulden aufnehmen. Sollte sich die Situation schlechter als erwartet entwickeln, müssen wir gegebenenfalls in einigen Jahren auch über den Verkauf von Immobilien zum Beispiel durch die IFG nachdenken. Aber die ganzen Überlegungen und Spekulationen sind momentan nicht notwendig, da durch die vorhandenen Rücklagen der Stadt die Haushalte auch in den Jahren bis 2024 ausgeglichen aufgestellt werden können.

Raimund Köstler, Oberbürgermeisterkandidat der ÖDP:

Die Umbruchphase, in der sich Ingolstadt aktuell befindet, sorgt verständlicherweise für eine gewisse Unsicherheit. Schon vor Jahren gab es zur Abhängigkeit Ingolstadts von der Automobilindustrie Untersuchungen und von verschiedensten Parteien Lösungsvorschläge dazu. Inzwischen ist aber wenig passiert und Investitionen der Stadt in den Arbeitsmarkt konzentrieren sich weiterhin vorrangig um Themen derMobilität: KI und Digitalisierung für autonomes Fahren und Lufttaxies.

Nachhaltigkeit beim Thema Arbeiten bedeutet, Alternativen zur Automobilindustrie zu finden. Wichtig ist dabei eine ausgewogene Förderung des Arbeitsmarktes in seiner ganzen Breite. Hier stellt sich die Frage, ob nicht auch Arbeitsplätze in ganz andere Bereich gefördert werden müssen? Der Pflegebereich mit Pflegekräften, Erzieherinnen und Erzieher könnte hier ein Ansatz sein, ebenso der Kunst- und Kulturbereich. Hier könnten viele und auch vernünftig bezahlte Arbeitsplätze mit Hilfe der Stadt entstehen.

Bei den Ausgaben muss die Handlungsfähig gewährleistet bleiben. Dafür sind unnötige Projekte wie z.B. Tunnelbauprojekte für den Autoverkehr zugunsten des ÖPNVs und des Radverkehrs zu streichen, da diese gesamtwirtschaftlich günstiger sind. Eine Verschuldung, die auch schon immer existierte, ist bis zu einem gewissen Maß zu akzeptieren. Wichtig wäre dafür aber, die langfristig notwendigen Aufgaben besser zu kennen. Dies wird aber nur durch eine verbesserte Stadtplanung möglich sein.

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