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Ein unfähiger Stadtrat in Ingolstadt?

Ein unfähiger Stadtrat in Ingolstadt?

Von Thomas Thöne

„Denn sie wissen nicht was sie tun“, titelte jüngst ein bekanntes Ingolstädter Onlineportal einer großen Mediengruppe mit großer Nutzerzahl, um dann im Artikel festzustellen, dass dies „eher das Motto der meisten Sitzungen von Stadtrat und Ausschüssen in Ingolstadt sei“. In einem anderen Artikel war zu lesen: „Es gibt Tage, da fühlt man sich, als sei man sprichwörtlich im falschen Film. Überdurchschnittlich oft stellt sich dieses Gefühl ein, wenn man sich zur Befriedigung masochistischer Neigungen dazu entschließt, einer Sitzung des Ingolstädter Stadtrates beizuwohnen“.

Was ist los mit dem Ingolstädter Stadtrat? Sitzen hier in dieser Wahlperiode lauter unfähige Menschen?

Nein, dem ist nicht so. In 99,9 % der Plenums- und Ausschusssitzungen tagen und beschließen die kommunalpolitisch Verantwortlichen ohne großes Aufsehen und Gepolterte. Dass es gelegentlich längere und gar unnötige Wortmeldungen gibt, auch einige Selbstdarsteller, ist der Tatsache geschuldet, dass die Stadtratsmitglieder zum Großteil ein Spiegelbild unserer Gesellschaft sind. Dieser Stadtrat ist weder besser noch schlechter als andere in unserem Land.

Es ist nicht davon auszugehen, dass sich mit der Wahl in ein kommunalpolitisches Gremium  plötzlich Charakterzüge von Menschen ins Positive verändern, nach dem Motto: Nun Stadtratsmitglied und infolgedessen ein besserer Mensch.

So ist es auch nicht verwunderlich, dass bei der jüngsten geheimen Wahl im Stadtrat, die ein Stadtratsmitglied als „reine Formalie“ bezeichnete, „offene“ Rechnungen beglichen wurden und es „Schüsse vor den Bug“ gab, in dem Stadträte nicht die erforderliche Mehrheit erreichten. So etwas hat es in Stadtratsgremien zu früherer Zeit auch schon gegeben. Man muss kein Hellseher sein, um vorauszusagen, dass dies auch in Zukunft wieder möglich ist.

Von allem unabhängig hat ein Stadtratsgremium eine Vorbildfunktion, so wie jedes einzelne Mitglied auch. Dem müssen sich die Gewählten –nicht die Erwählten – bewusst sein.

Der Aufmacher „Denn sie wissen nicht was sie tun“, bezog sich auf die Ablehnung des 3. Oktobers als verkaufsoffener Tag in Ingolstadt, sowie auf das mehrheitliche Nein zu verkaufsoffenen Sonntagen. Ein verkaufsoffener Sonntag ist mittlerweile, auf massiven Druck von Lobbyisten und auch Medienvertretern, beschlossen. Das ist aber ein anderes Thema.

Diese Ablehnungen kamen zu Stande, da nicht in einem Fraktionszwang im Stadtratsplenum abgestimmt wurde. Jede Stadträtin, jeder Stadtrat stimmte nach seiner persönlichen Haltung und Einstellung ab. Dies ist nicht zu kritisieren – im Gegenteil! Es ist schon verwunderlich, dass auf der einen Seite, auch von Medienvertretern, der Fraktionszwang –ich meine zu Recht– negativ gesehen wird, andererseits, wenn dann eine Abstimmung freigegeben ist, Schlagzeilen wie „Denn sie wissen nicht, was sie tun“ produziert werden.

Sachliche Kritik am Stadtrat ist notwendig und gerechtfertigt. Wer Macht ausübt, wie Stadträtinnen und Stadträte, benötigen demokratische Kontrolle. Gewählte Mandatsträger müssen sich in einer Demokratie Kritik stellen.

Was aber unserem demokratischen Gemeinwohl nicht dient, ist Polemik, die den amtierenden Stadtrat in seiner Gesamtheit medial als Deppenhaufen darstellt. Derartiges bedient ausschließlich antidemokratische Kräfte.

Lesen Sie hierzu auch:

Stadtratssitzung: Offene Rechnungen und ein „Schuss vor den Bug“

und

Nach „Abstimmungspanne“: Verkaufsoffener Sonntag wohl im September

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