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Ist das die soziale Stadt oder Stadtführung?

Ist das die soziale Stadt oder Stadtführung?

O-T(h)öne gibt Fraktionen und Gruppierungen im Ingolstädter Stadtrat, sowie ausgewählten Personen des gesellschaftlichen Lebens und aus dem journalistischen Bereich, in der Rubrik "Aus fremder Feder", die Möglichkeit eines Gastkommentars zur Ingolstädter Kommunalpolitik. Das Thema ist durch den Gastkommentator frei wählbar, ebenso die Länge des Textes. Die Veröffentlichung erfolgt nicht redigiert und ungekürzt. Die Verantwortung für den Inhalt trägt allein der Verfasser des Gastkommentars.

Gastkommentar von Bernd Rachner

Am Anfang bleibt mir nur Altoberbürgermeister Christian Lösel (CSU) um Entschuldigung zu bitten, denn gerade im Jahre 2019 habe ich mich mit ihm immer wieder wegen der Heilig-Geistspital-Stiftung gefetzt.

Der heute im Sessionnet der Stadt Ingolstadt vorgestellte Lösungsweg zur Sanierung der Stiftung entspricht fast dem Vorhaben aus dem Jahre 2018. Gerade der heutige Oberbürgermeister Christian Scharpf (SPD) hatte damals den Vorschlag von Stadtrat Konrad Ettl kritisch hinterfragt, mit einer Senioreneinrichtung am Haslangpark und betreutes Wohnen in der Fechtgasse.

Besonders in Erinnerung ist, dass pflegebedürftige Altstadtbewohner nicht mehr innerhalb der Stadtmauer verbleiben können. Das Anna-Ponschab-Haus zu weit entfernt ist und die Aufenthaltsqualität nicht der Fechtgasse oder der Innenstadt entspricht. Aus dem Bericht der Lokalzeitung bei der Gründung des Fördervereins Heilig-Geist-Spital-Stiftung: „Ein Altenheim im Haslangpark - also im zweiten Grünring um die Stadt - sei ein "absolutes No-Go, völlig indiskutabel!", sagt ein Besucher. Er bekommt dafür Beifall. "Die Bürger wollen das nicht! Das muss die CSU jetzt endlich kapieren!" Kapiert es heute die SPD? Wie sieht der Lösungsansatz aus?

Wenn in der Sitzungsvorlage von Oberbürgermeister Scharpf von einem Defizit von 6,7 Millionen Euro gesprochen wird, stellt sich die Frage, warum brauchte man 4 Jahre um genau den Vorschlag von CSU-Stadtrat Ettl jetzt zu folgen? Auch der Kauf des Grundstücks mag zum jetzigen Zeitpunkt richtig sein, wobei die Kaufsumme ein beachtliches Loch in die Finanzgrundlage der Stiftung reißen wird. Der Bodenrichtwert beträgt in dieser Lage 1500 Euro.  Aber gleichzeitig fließt dadurch wieder eine größere Summe der Ausgleichszahlung an die Stadt zurück. Das Grundstück mit dem Gebäude soll einem Investor zur Verfügung gestellt werden. Ob der Erbpachtzins des zukünftigen Investors den derzeitigen Zins für Geldanlagen entspricht, sollte man hinterfragen.

Aber es sind noch weitere Punkte in der Vorlage zu finden, die zwar gut klingen, aber hinterfragt werden sollten. Der Stiftungszweck, der im Jahre 1319 Grundlage für die heutige Stiftung ist, bestand auch darin, dass die Unterbringung, Versorgung und Pflege alter und erwerbsunfähiger oder hilfsbedürftiger Personen gedeckt wird. Dies war im Jahre 1319, heute sind die Vermögenslagen etwas anders. Gerade die Stadt und die Verwaltung der Stadt Ingolstadt sollten wissen, welche finanziellen Möglichkeiten vorhanden sind, um diesen Personenkreis zu unterstützen und tut dies auch. Aber bereits 2013 in der Anfangsbilanz kann man nachlesen, dass ein Stadtrat besonders niedrige Sätze für das Anna-Ponschab-Haus gefordert hat. Ein Grundstein dafür, dass 2019/2020 eine Ausgleichszahlung von über 14 Millionen Euro erfolgen musste. Und nun will man wieder Wohnungen verbilligt zur Verfügung stellen, zu Lasten der Stiftung?

In dem Zeitraum der drei Jahre liegt auch die Abberufung des Vorstandes der Stiftung durch den Vorsitzenden des Stiftungsrates Christian Scharpf und damit Aufsichtsführender des Vorstandes. Das Grundstück an der Jahnstraße und deren Überplanung dürfte dabei eine große Rolle gespielt haben. Noch ist in Erinnerung ein Zeitungsbericht zum Treppenwitz, der durch fehlende Vorgaben erst entstanden ist.

Immer wieder taucht in der Vorlage die Begrifflichkeit Seniorenwohnstift auf. Nun ist ein Seniorenwohnstift keine Pflegeeinrichtung, sondern bietet neben Wohnen auch Freizeitaktivitäten an. Dies ist sicherlich auch unter dem Gesichtspunkt der Rendite keine Einrichtung für Menschen mit geringen Einkommen. Aber auch wenn es nur das Wohnen ist, was tun Menschen mit Pflegegrad zwei oder drei, die zwar immobil sind, aber ansonsten keinerlei Beeinträchtigung verspüren, ja Minutenpflege durch die ambulante Pflege oder eine der wenigen Plätze in der Tagespflege nutzen. Ich denke insbesondere an Menschen, die keine Angehörigen haben, Alleinerziehend oder wenig soziale Kontakte hatten. Was passiert mit den Menschen, die plötzlich stationäre Pflege brauchen, ab zur letzten Station Altenpflegeheim? Gerade von Stadtrat Werner (SPD) wurde bei der Diskussion 2019 Wert daraufgelegt, dass mindestens eine Pflegeabteilung für eine 24-Stunden-Pflege in der Fechtgasse eingeführt wird.

Wenn man die Vorlage aufmerksam liest, hat man das Gefühl, alles sei beschlossene Sache.
Nur wie sieht es mit der Satzung aus, hier speziell die Beteiligung des Stadtrates nach Paragraf 11 (4) Nr. 4 Satzung der Heilig-Geist-Spital-Stiftung, wo die Zustimmung verlangt wird und eine Kenntnisnahme, wie bei der dünnen und undurchschaubaren Vorstellung des Kassenabschlusses 2022, wobei die Jahre 2020 und 2021 noch nicht im Sessionnet der Stadt Ingolstadt eingestellt sind.

Ganz in den Hintergrund getreten ist bei der Diskussion, dass die Pflegeplatzstruktur innerhalb von Ingolstadt erhebliche Defizite aufweist. Bereits 2025 werden 206 Plätze in der Pflege fehlen. Durch den Wegfall in der Fechtgasse kommen noch einmal 80 Plätze hinzu. Die Bautätigkeit im Bereich der privaten oder gemeinnützigen Träger von Pflegeheimen stagniert. So ist etwa die Einrichtung am alten Landratsamt nicht mehr vorgesehen, der Investor steigt in der Fechtgasse 1 ein. Auf dem ehemaligen Areal der Firma Rieter ist ebenfalls eine Pflegeeinrichtung vorgesehen, bis wann diese aktiv sein wird, steht heute noch nicht fest.
Eine Studie im Auftrag der bayerischen Staatsregierung hat für Ingolstadt einen zusätzlichen Platzbedarf von insgesamt 767 Plätzen für 2050 prognostiziert -fast 2000 Plätze-, bei einem Bevölkerungsanstieg auf 143.926 Einwohner. Dieser wurde heute bereits erreicht und man spricht bis 2050 von 160.000 Bewohnern.

Gerade durch die stadtnahe Stiftung, der Oberbürgermeister der Stadt Ingolstadt ist gleichzeitig Vorstand des Stiftungsrates, würde man sich wünschen, dass nicht Plätze abgebaut, sondern Plätze geschaffen werden.

In wissenschaftlichen Arbeiten zur „Kommunalen Daseinsvorsorge“ wird auch der Pflege und der Umgang mit den Senioren ein Platz in der Vorsorge zugewiesen. Solange dieser durch privatwirtschaftliche oder gemeinnützige Träger gewährleistet wird, mag dies funktionieren. Aber gerade die derzeitige Situation zeigt es, wie schnell diese Träger in die Insolvenz schlittern können.

Ein Lösungsweg wäre gewesen, die Stadt Ingolstadt baut ein Pflegeheim und übergibt die Aufgabe der Pflege an die Stiftung. Aber warum einfach, wenn es auch kompliziert geht?

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