Eilantrag vom Bezirksausschuss – Freie Fahrt für freie Bürger
Von Thomas Thöne
Kaum hatte die Stadt Ingolstadt am vergangenen Donnerstag die Beschilderung an dem Weg, der von der Bonhoefferstraße Richtung des Wasserwerks Buschletten führt, geändert, regte sich auch schon Widerstand. Dieser hat gestern auch den Bezirksausschuss Süd-West erreicht. Einige wenige Bürger brachten ihren Unmut darüber zum Ausdruck, dass der Weg nun nicht mehr von Anliegern und landwirtschaftlichem Verkehr befahren werden darf, da ein Verbot für Kraftfahrzeuge besteht.
Zuvor war der nur drei Meter breite Weg fälschlicherweise als Fuß- und Radweg ausgeschildert worden, der für Anlieger und landwirtschaftlichen Verkehr freigegeben war. Eine redaktionelle Nachfrage von O-T(h)öne ergab, dass der Weg so gewidmet ist, dass er nicht von Kraftfahrzeugen befahren werden darf. Deswegen änderte die Stadt die Beschilderung. Gleichzeitig teilte die Stadt mit: "Sollten Anlieger trotzdem einmal ein berechtigtes Interesse an der Befahrung des Weges haben, besteht im Einzelfall die Möglichkeit, eine Ausnahmegenehmigung zu beantragen." Darüber wurde auch bei O-T(h)öne berichtet.
Diese Möglichkeit, eine Ausnahmeregelung zu beantragen, reicht einigen Anwohnern nicht. Sie fordern, dass der Weg wieder für den landwirtschaftlichen Verkehr und Anlieger freigegeben wird. Diese Forderung wurde gestern dem Bezirksausschuss (BZA) Süd-West vorgetragen. Obwohl das Thema nicht auf der Tagesordnung stand, fasste das Gremium den Beschluss, einen Eilantrag an die Stadt Ingolstadt zu richten, mit dem Ziel, dass besagter Weg umgewidmet wird, sodass Anlieger und landwirtschaftlicher Verkehr diesen wieder befahren können.
Diese Durchfahrt war bis zum vergangenen Donnerstag möglich, was dazu führte, dass in Spitzenzeiten über 50 Fahrten in beide Richtungen des schmalen Weges innerhalb von 24 Stunden verzeichnet wurden. Oftmals geschah dies mit hoher Geschwindigkeit – so dass bei trockenem Wetter Staubwolken verursacht wurden– sowie knappem Abständen zu Radfahrern und Fußgängern. Dies führte zunehmend zu Konfliktsituationen mit Erholungssuchenden, die den Weg nutzten. Eigentümer und zahlreiche Gäste einer großen Grünfläche mit der Flurnummer 6836, nutzen mit ihren Fahrzeugen nicht den deutlich kürzeren Weg über die Roßlettenstraße zur Anfahrt, sondern von der Bonhoefferstraße aus den gesamten schmalen Weg.
Nach dem Eilantrag des BZA muss die Stadt Ingolstadt die Verhältnismäßigkeit der beantragten Umwidmung prüfen. Dabei wird sie viele Gesichtspunkte berücksichtigen müssen. Dazu wird gegebenenfalls gehören, wie hoch die Anzahl der durchfahrenden Fahrzeuge war. Außerdem wird die zuständige Stelle bewerten müssen, dass der Weg nur drei Meter breit ist, jedoch 77 Prozent der Fahrzeugmodelle breiter als zwei Meter sind, 29 Prozent sogar breiter als 2,10 Meter. Somit kann der vorgeschriebene Sicherheitsabstand zu Radfahrern nicht eingehalten werden, insbesondere nicht zu Lastenfahrrädern. Weiterhin wird die eskalierte Situation in der Vergangenheit zwischen Autofahrern, auch aus den umliegenden Landkreisen, und Erholungssuchenden möglicherweise eine Rolle spielen. Ebenso der Fakt, dass bei Befahren des Weges in beide Richtungen, Fahrzeuge gar nicht aneinander vorbeikommen, unabhängig von fahrenden Radfahrern. Letztendlich wird die Verhältnismäßigkeit einer Umwidmung davon abhängen, ob die Forderung einiger Weniger dem Allgemeinwohl vorzuziehen ist. Immerhin besteht für die Grundstücksbesitzer die Möglichkeit, Ausnahmegenehmigungen zu beantragen, die jedoch nicht für die feiernden Gäste auf der Flurnummer 6836 gelten. Es wird auch Aufgabe der Stadt, im konkreten Fall die schwächeren Verkehrsteilnehmer, die Fußgänger und Radfahrer, vor den stärkeren zu schützen. Die Grundregeln zur Teilnahme am Straßenverkehr lauten immer noch: „Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht. Wer am Verkehr teilnimmt, hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird“.
Wie O-T(h)öne erfuhr, wurde sogar der Oberbürgermeister bereits von Grundstücksbesitzern kontaktiert. Ein anonymer Facebook-Nutzer, der über dieses Medium massive Kritik am Autor und an der Berichterstattung übte, teilte kürzlich auf der Facebook-Seite von O-T(h)öne mit: "… die Termine mit dem Anwalt stehen schon". Diese Postings des Nutzers wurden mittlerweile gelöscht, allerdings nicht von O-T(h)öne.
Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit einer Umwidmung durch die Stadt dürfte einige Zeit in Anspruch nehmen. Sollte das Ergebnis einigen Anwohnern nicht gefallen, steht diesen der Gang vor Gericht frei.
Unabhängig vom aktuellen Verbot der Durchfahrt für Kraftfahrzeuge wird der besagte Weg nach wie vor von Pkws, Lastwagen und Motorrädern befahren. Dies teilte auch eine Anruferin am gestrigen Dienstag der Redaktion mit. Dabei äußerte die Frau ihr Erstaunen darüber, dass bisher auf dem Weg nichts passiert sei. "Ich begrüße die jetzige Sperrung für Autos", teilte die Anwohnerin mit.
Wie bei vielen Entscheidungen der Stadt gibt es auch bei der Sperrung des Weges für Kraftfahrzeuge Gegner und Befürworter. Nach Informationen der Redaktion gibt es bei Naherholungssuchenden derzeit Überlegungen eine Petition zu verfassen, damit die aktuelle Beschilderung nicht geändert wird.
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Quelle: Eigene Berichterstattung und Recherche.